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Häuslingshäuser in der Ortschaft Neuenkirchen zu Beginn des 20. Jahrhunderts

Die Geschichte der Häuslinge begann Anfang des 16ten und endete in der Mitte des letzten Jahrhunderts. Häuslinge waren „freie“ Angestellte eines Bauern: sie bekamen ein Stück Land, das sie zur Eigenversorgung bewirtschafteten und ein kleines Haus. Als Gegenleistung mussten sie ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen, sobald der Bauer sie brauchte. Ihre Tätigkeiten wurden auf dem Feld benötigt aber auch zur Versorgung des Viehs. Da in den Wintermonaten wenig Arbeit anfiel, übten viele in dieser Zeit ein Handwerk aus, als Hausschlachter, Schuster oder Kesselflicker.

Die Häuslinge wurden anfangs in Backhäusern und Scheunen untergebracht. Ab etwa1650 begann der Bau von Häusern für die Häuslinge. Errichtet wurden sie von den Hofbauern und waren im Grundriss so angelegt, dass Mensch und Tier eng zusammenleben mussten. Das Vieh eines Häuslings bestand aus Hühnern, ein bis zwei Schweinen oder auch Kühen. Die kleinen Häuser waren in der Regel wenig komfortabel. Die Häuser waren schlecht zu heizen; das enge Zusammenleben von Mensch und Tier begünstigte Krankheiten.

Gründe für das Ende des Häuslingswesens und somit auch der Aufgabe der Häuslingshäuser waren der Strukturwandel, die Industrialisierung der Landwirtschaft. Höhere Löhne in der Industrie, und die Aufstiegschancen in anderen Berufen versprachen sozialen Aufstieg und förderten den Wunsch, die „antiquierten“ Wohnverhältnisse zu verlassen.

Um einen langen Leerstand und Verfall der Häuser zu vermeiden, wurden einige gegen eine staatliche Prämie mit der Folge abgebrochen, dass nur wenige Häuslingshäuser erhalten geblieben sind.

Auch in der Ortschaft Neuenkirchen prägten Anfang des 20. Jahrhunderts Häuslingshäuser die Baukultur. Eines davon ist das Haus Auf dem Heidberg. Es wurde 1837 in Fachwerkbauweise erbaut und gehörte zu dem Hof der Familie Landwehr1. Etwas weiter nördlich, im Hooper Weg, stand das Häuslingshaus des Bauern Dettmer, welches im Zuge der Prämienausschreibung für eine Beseitigung der leer stehenden Häuser in nachbarschaftlicher Gemeinschaftsarbeit abgebrochen wurde. Der letzte Häusling war im Nebenerwerb auch Hausschlachter und sammelte zusätzlich die Gemeindesteuer ein. In der Schmiedestraße, direkt an der Bundesstraße steht heute noch in massiver Bauweise eines von drei Häuslingshäusern des Hofes Rohlfs. Der letzte Häusling in diesem Haus war ebenfalls Hausschlachter. Die zwei weiteren Häuser finden wir auf der gegenüberliegende Seite der Bundesstraße in Zur Heide. Eines liegt südöstlich des Hofes Rohlfs. Es stammt aus dem Jahr 1806 und kam erst später durch Kauf an den Rohlfs Hof. Das dritte Haus liegt weiter östlich. Diese Häuslingsstelle stammt aus dem Jahre 1715 und ist bis heute stark verändert worden. Direkt gegenüber gab es eine Häuslingsstelle des Bauern Sudhop, die 1933 verkauft wurde. Von hier aus nördlich, nahe der Grenze zu Nienstedt, stand ein Häuslingshaus des Hofes Kanzelmeier. Es wurde 1945 beim Einmarsch der Engländer durch Brand zerstört.

Wenn wir nun über die Bundesstraße in die Ringstraße blicken, ist dort das ehemalige Häuslingshaus der Familie Cordes (heute Familie Söhl) erhalten. Auch die ehemaligen Häuslerstellen der Höfe Grimmelmann (später Familie Fischer) und Heitzhausen (später Familie Witte) im Wedehorner Weg gibt es heute noch.

Jedes der genannten Häuser der ehemaligen Häuslinge wird von seinen Besitzern mit viel Fleiß belebt und erhalten.

Autor: Annika Weise

1 Siehe hierzu den folgenden Beitrag von Karl Landwehr

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